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Spin-Off Dunkelseele (Sarah): Die Fratze des Teufels

Das erste Spin-Off zu meinem Buch Dunkelseele ist da! "Die Fratze des Teufels" ist eine Kurzgeschichte, die Einblicke in das Leben der Frau mit Namen Sarah gibt. Für alle, die mehr über Sarah erfahren möchten und darüber, wie sie zu der Frau mit den Dämonenaugen wurde. Alles beginnt, als Sarah 16 ist und nach dem Tod ihrer Mutter ins Internat kommt...

Die Fratze des Teufels

Sarah betrachtete gelangweilt ihre sorgfältig manikürten Fingernägel und versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Sie saß in einem der sündhaft teuren Designer-Sessel im Büro ihres Vaters, der ihr gerade mal wieder einen seiner unsäglichen Vorträge darüber hielt, was er von ihr als seiner Tochter erwartete und wie enttäuschend es für ihn war, dass sie anscheinend nicht die leiseste Anstrengung unternahm, seine Erwartungen zu erfüllen. Bla bla bla. Sarah hatte das Gesülze schon eine gefühlte Millionen Mal gehört und fragte sich, ob ihr Vater wirklich glaubte, dass sie auf ihn hören und zur perfekten Tochter würde, wenn er ihr seine Erwartungen nur oft genug vorbetete.

Das war albern. Sie würde nie etwas tun, um seine Erwartungen zu erfüllen. Unter keinen Umständen. Auf keinen Fall. Sie hasste ihn. Sie hasste ihn aus tiefster Seele.

Plötzlich merkte sie, dass es still war. Der Raum war mit einer lastenden, bedrückenden Stille erfüllt, die anzeigte, dass ihr Vater seine Predigt beendet hatte und jetzt eine Antwort von ihr erwartete.

An seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass er schon eine ganze Weile auf eine Antwort von ihr wartete. Ihr Vater war kein geduldiger Mensch und ihm würde bald der Kragen platzen. Wenn ihm der Kragen platzte, konnte er sich nicht beherrschen. Wenn er sich nicht beherrschen konnte, geschahen schreckliche Dinge. Ganz furchtbare Dinge. Wie damals. Mit ihrer Mutter.

Deshalb hasste sie ihn.

Sie hörte auf, ihre manikürten Fingernägel zu betrachten, und sah im stattdessen direkt in die Augen. Dabei versuchte sie, ihr Gesicht ausdruckslos zu halten und den ganzen Hass, der in ihrer Seele loderte, in diesen Blick zu legen.

Ich hasse dich ich hasse dich ich hasse dich.

Ihr Vater war nicht nur ein Mann, dem leicht der Geduldsfaden riss, er duldete auch keinen Widerspruch und erwartete absoluten Gehorsam.

Sie starrte ihn weiter an, ohne etwas zu sagen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Ohne ein Anzeichen für Angst erkennen zu lassen.

Früher hatte sie Angst gehabt. Oh ja. Früher hatte er ihr Angst gemacht. Bevor die Sache mit ihrer Mutter passiert war. Jetzt war das einzige Gefühl, das sie kannte, Hass.

Sie konnte sehen, wie die Röte langsam in sein Gesicht aufstieg, wie sie über den Rand seines makellos weißen, gestärkten Designer-Hemds langsam den Hals hinaufkroch und sich über seine Wangen bis zu seiner Stirn ausbreitete. Die Ader an seinem Hals schwoll an und begann zu pulsieren. Jedes Mal, wenn das passierte, wünschte sich Sarah, dass ihn der Schlag träfe.

Stirb! dachte sie, stirb, bitte bitte stirb doch!!!

Natürlich starb er nicht. Spätestens seit der Sache mit ihrer Mutter wusste Sarah, dass Gott oder das Universum oder wer auch immer weder Bitten erhörte noch Wünsche erfüllte und dass im echten Leben keine Wunder passierten.

Und tatsächlich, auch diesmal traf ihren Vater nicht der Schlag.

"Mein liebes Fräulein, das hat Konsequenzen für dich, glaub mir", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und unternahm eine sichtlich übermenschliche Anstrengung, um nicht aufzuspringen, sie anzuschreien und Dinge zu zerschlagen. Wie zum Beispiel ihr Gesicht. Aber das konnte er sich ja nicht leisten, hier in seiner Firma. Jemand könnte das mitbekommen. Und das konnte er sich ja absolut nicht leisten. Nach dem, was ihrer Mutter passiert war. Seiner Frau.

Ich hasse dich, dachte sie wieder und fühlte eine ohnmächtige Wut. Sie konnte der Situation nicht entrinnen, so sehr sie sich das auch wünschte. Sie wollte, dass er starb. Sie wollte ihn tot sehen. Sie wollte weg. Aber sie war erst 16 und damit minderjährig und ihm ausgeliefert. Seinen Forderungen, seiner Wut, seinem Kontrollzwang. Sie wusste, dass sie nicht vor ihm weglaufen konnte, er war viel zu reich. Viel zu einflussreich. Viel zu angesehen. Sarah konnte nicht begreifen, warum sich Menschen so leicht von ihm täuschen ließen. Er war so offensichtlich falsch, seine Freundlichkeit war so offensichtlich vorgespielt, sein charmantes Verhalten eine Farce, und trotzdem wickelt er alle um den Finger. Sie hingen an seinen Lippen, suchten seine Nähe, schenkten ihm Bewunderung. Vielleicht lag das daran, dass sie nicht gesehen hatten, was Sarah gesehen hatte. Plötzlich sah sie wieder das ganze Blut vor sich, sah die Lache aus Blut, in der ihre Mutter lag. Sah ihren Vater, wie er breitbeinig über ihrer Mutter stand, die ihm vom Boden aus flehende Blicke zuwarf, das Gesicht voller Blutergüsse von seinen Schlägen. Bitte, hatte sie geflüstert, bitte tu es nicht. Das war natürlich sinnlos gewesen, das Gesicht ihres Vaters war vor Wut verzerrt, eine Fratze des Bösen, und er war an diesem Ort, an den er immer ging, wenn ihn seine Wut überkam, jenseits von jeder Vernunft. Sarah hatte die Szene mit angehaltenem Atem beobachtet, hinter das Sofa gekauert, wohin sie sich bei Ankunft ihres Vaters geflüchtet hatte, da es ihr streng verboten war, das Wohnzimmer ohne seine ausdrückliche Erlaubnis zu betreten. Ihre Mutter war herbeigeeilt, um sie zu warnen, als sie ihn kommen sah, aber er war so schnell gewesen. Das tat er absichtlich. Sie zu jeder Tages- und Nachtzeit zu überraschen um sicherzustellen, dass sie ihm gehorchten und gegen keine seiner zahllosen Vorschriften verstießen.

Als ihr Vater ihre Mutter im Wohnzimmer vorgefunden hatte, war er sofort über sie hergefallen, ohne sie auch nur zu fragen, was sie im Wohnzimmer zu suchen hatte. Sarah hatte erkannt, dass es gar nicht darum ging, seine vielen Vorschriften einzuhalten und seine vielen Forderungen zu erfüllen. Nein, seine Vorschriften und Forderungen hatten einzig und alleine den Zweck, sie oder ihre Mutter dabei zu erwischen, wie sie dagegen verstießen, oft ungewollt oder weil es einfach nicht anders ging. Wie damals, als sie nachts auf die Toilette gegangen war, weil sie sonst ins Bett gemacht hätte und sich deshalb für die kleinere Katastrophe entschieden hatte. Ihre Mutter war nur Sekunden vor ihrem Vater im Bad erschienen und hatte Sarah praktisch in ihr Zimmer geworfen, bevor sie sich schnell auf die Toilette setzte. Noch heute konnte Sarah ihre Schreie hören, als ihr Vater sie bestrafte. Denn darum ging es ihm. Er wollte den Verstoß, er wollte den Vorwand für seine Wutanfälle. Anschließend war ihre Mutter immer zwei Wochen verschwunden und ihr Vater erzählte allen, dass er ihr einen kleinen Urlaub in einem Luxusresort geschenkt hatte, weil sie Wellness so sehr liebte und er ihr keinen Wunsch abschlagen konnte. In Wirklichkeit war sie in irgendeiner privaten Einrichtung, die bei entsprechender Bezahlung absolute Diskretion garantierte, wo sie zusammengeflickt wurde, damit sie wieder vorzeigbar war. Sarah blieb als Geisel zu Hause bei ihrem Vater. Damit ihre Mutter nicht auf „dumme“ Gedanken kam.

Aber diesmal war ihr Vater zu weit gegangen, das konnte Sarah an seiner entmenschlichten Fratze erkennen. Sie machte sich noch kleiner hinter dem Sofa und presste ihre Hände gegen den Mund, um nicht zu schluchzen oder zu schreien oder zu atmen. Ihr Vater begann, ihre Mutter zu treten und steigerte sich dabei in eine Raserei, die alles übertraf, was Sarah bis dahin erlebt hatte. Er begann zu brüllen wie ein Tier, der Geifer flog von seinen Lippen, während er zutrat und zutrat. Dann trat plötzlich Stille ein. Sarah hatte das Gefühl, sie müsse gleich vor Angst sterben. Das einzige, was verhinderte, dass sie sich einnässte, war die Gewissheit, dass er es riechen würde. Vorsichtig lugte sie um sie Sofaecke. Ihr Vater hatte sich über ihre Mutter gekauert, einen verlorenen Ausdruck im Gesicht. Wie immer, wenn seine Wutausbrüche vorüber waren und er von diesem unsäglichen Ort zurückkehrte, verlor er für einen Augenblick die Orientierung. Er seufzte und strich ihrer Mutter mit einer liebevollen Bewegung die Haare aus dem Gesicht. Oder dem, was von ihrem Gesicht übrig war. Da wusste Sarah mit absoluter Gewissheit, dass ihre Mutter tot war. Auf einmal war die Angst weg, verschwunden, herausgebrannt aus ihrem Herzen und ihrer Seele, ersetzt durch einen lodernden Hass. Ein Hass, der sie am Leben halten würde, bis sie den Tod ihrer Mutter rächen konnte. Als ihr Vater ihre Mutter vom Boden aufhob und mit ihrem leblosen Körper auf dem Arm das Zimmer verließ, schlich sich Sarah in ihr Zimmer, wo sie sich an ihren Schreibtisch setzte und ihre Hausaufgaben erledigte.

Dort fand sie auch ihr Vater, als er abends aus der Firma nach Hause kam. Wie jeden Abend. Denn sie durfte das Haus nur verlassen, um zur Schule zu gehen, und musste nach der Schule gleich nach Hause kommen und sich dann in ihrem Zimmer aufhalten, bis ihr Vater kam. Als er sie fragte, wo ihre Mutter sei, hatte sie geantwortet, das wisse sie nicht. Was ja auch stimmte. Sarah hatte keine Ahnung, wohin ihr Vater die Leiche ihrer Mutter gebracht hatte. Als sie zum Abendessen in die Küche durfte, warf sie im Vorbeigehen einen Blick ins Wohnzimmer. Alles war makellos sauber, nichts zeugte mehr von dem schrecklichen Verbrechen, das ihr Vater hier vor wenigen Stunden begangen hatte.

Später war die Polizei gekommen, um ihren Vater über den schrecklichen Unfall zu informieren, bei dem ihre Mutter zu Tode gekommen war. Sie war anscheinend unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln und Antidepressiva von der Straße abgekommen und in eine Schlucht gestürzt. Das Auto war komplett ausgebrannt.

Alle brachten ihr Mitgefühl zum Ausdruck und bedauerten ihren Vater, der so offensichtlich um ihre Mutter trauerte. Sarah beobachtete alles und sagte nichts. In den Monaten danach gab es keine Bestrafungen mehr, anscheinend war ihr Vater der Ansicht, dass es besser war, vorsichtig zu sein.

Seit dem Tod ihrer Mutter fand Sarah immer mehr Möglichkeiten, sich seiner Kontrolle zu entziehen. Das lag daran, dass sie keine Angst mehr verspürte. Sie erkannte, dass Angst ein machtvolles Instrument war, mit dem man Menschen kontrollieren konnte. Sie wurde furchtlos und verwegen, mutig und schlau. Und als ihr Vater jetzt zu ihr sprach, wusste sie, dass ihr Plan aufgegangen war. Dass sie ihn manipulieren konnte, weil sein Verhalten so vorhersehbar war. Oder besser gesagt, zwanghaft. Sie war eine Gefangene seiner Zwänge, aber er selbst auch. Aber während sie sich befreien und eine Ausweg finden konnte, würde er für immer ein Gefangener seiner selbst bleiben.

„Ab nächste Woche wirst du auf ein Internat gehen. Dort wird man sich um dich kümmern.“

Sarah triumphierte. Innerlich. Äußerlich blieb sie unbeeindruckt, zeigte diese Gleichgültigkeit, die ihren Vater in den Wahnsinn trieb. Sie war sich sicher, dass er für sie das strengste Internat herausgesucht hatte, das er mit seinem vielen Geld kaufen konnte, aber Sarah wusste, dass nichts und niemand so schrecklich sein konnte wie ihr Vater. Sie hatte ihn ausgetrickst. Sich der Kontrolle der Internatsleitung zu entziehen, würde ein Kinderspiel für sie werden. Deshalb blies sie ihren Kaugummi zu einer großen Blase auf, die sie geräuschvoll platzen ließ. Das Gesicht ihres Vaters wurde schneeweiß vor Anstrengung, seine Wut im Zaum zu halten.

Ich hasse dich, dachte Sarah, wie sie es jeden Tag Hunderte Mal, Tausende Male, Millionen Male dachte. Und mit jedem Mal wuchs ihr Hass, der sie mittlerweile wie ein loderndes Feuer erfüllte und ihre Seele mit seinem falschen Schein wärmte.

Am kommenden Samstag packte sie ihre Tasche. Sie durfte nur eine Tasche mit persönlichen Sachen mitnehmen, die erste der vielen Vorschriften, die sie in ihrem neuen Zuhause erwarteten, aber Sarah machte das nichts aus. Wegen des Kontrollzwangs ihres Vaters hatte Sarah keine persönlichen Besitztümer, nichts womit sie sich ein Blöße gab, die ihr Vater ausnutzen konnte, um ihr weh zu tun. Seit dem Tod ihrer Mutter war sie mehr als vorsichtig und hielt sich mit eiserner Strenge an diese Grundregel. Sie hatte auch kein geheimes Versteck außer Haus, da sie nur zu gut wusste, dass alle Geheimnisse früher oder später ans Licht kamen. Und wenn es ihr auch gelang, sich gelegentlich der Kontrolle ihres Vaters zu entziehen, war sie sich dennoch sicher, dass er sie überwachen ließ. Dass er wusste, mit wem sie wie lange und über was redete. Wie lange sie brauchte, um von der Schule nach Hause zu kommen. Jede Verzögerung für einen Zwischenstopp würde ihm auffallen. Er spürte, dass sie anders war, dass sie furchtlos war, und das trieb ihn in den Wahnsinn. Die einfachste Lösung um zu vermeiden, dass er ihre Geheimnisse entdeckte, war, keine Geheimnisse zu haben. So behielt sie ihre Pläne, ihre Gedanken und ihre Geheimnisse für sich.

Nachts schlief zur Wand gedreht, tief in Decke und Kissen vergraben, damit ihr Vater ihr Gesicht nicht sah, wenn er sie von der Zimmertür aus beobachtete. Sie wusste, dass er nachts oft stundenlang in der Zimmertür stand und sie beobachtete. Sie spürte seine Anwesenheit, aber sie war gut darin, Schlaf zu simulieren, sodass er keinen Verdacht schöpfte. Warum er das tat und was ihm dabei durch den Kopf ging, wusste sie nicht, aber eins wusste sie mit Sicherheit: es bedeutete nichts Gutes für sie. Die Dringlichkeit eine Lösung zu finden, einen Ausweg, wuchs mit jedem Tag.

Ihr Vater ließ es sich nicht nehmen, sie persönlich mit seinem protzigen SUV im Internat abzuliefern. Wie immer wurde er von alle hofiert, man begegnete ihm mit ausgesuchter Höflichkeit, um nicht zu sagen mit Hochachtung. Sarah ließ alles kommentarlos und widerspruchslos über sich ergehen und als der Moment des Abschieds kam, sah sie in seinen Augen den Beginn eines Zweifels aufkeimen. Zweifel daran, ob es eine gute Idee gewesen war, sie auf dieses Internat zu schicken. Zweifel daran, ob es überhaupt seine Idee gewesen war, sie auf dieses Internat zu schicken. Das war der Augenblick, in dem sich Sarah ein Lächeln zugestand. Zugegeben, nur ein kleines Lächeln, das für einen winzigen Augenblick ihre Lippen umspielte. Aber ihr Vater sah es. Und sie sah mit Genugtuung, wie seine Zweifel wuchsen. Es war natürlich zu spät für ihn, seine Entscheidung jetzt noch rückgängig zu machen. Das würde einem Gesichtsverlust gleichkommen. Und das konnte er sich nicht leisten. Wenn etwas in seinem Leben noch größer war als die Wut, die in ihm brannte, dann waren es seine Selbstgefälligkeit und seine Eitelkeit. Sein Leben war davon bestimmt, nach außen hin die perfekte Fassade zu wahren. Sarah war zu der Überzeugung gelangt, dass er damit sein wahres Ich zu verbergen versuchte. Diesen Ort, an der er sich begab, wenn die Wut ihn überkam. Hinter der Perfektion seiner Fassade verbarg er seine Bösartigkeit, seine Grausamkeit und seinen Wahnsinn. Das war sein einziger Schwachpunkt, seine Achillesferse. Der Zwang, diese Fassade aufrecht zu erhalten, war sogar noch größer als der Zwang, sich seiner Wut hinzugeben. Mit viel Geduld und Geschick hatte Sarah einen Weg gefunden, sich diese Schwäche zunutze zu machen, und jetzt war sie hier, endlich. Es war völlig egal, wie streng die Regeln hier in diesem Internat waren, für sie bedeutete dieser Umzug Freiheit.

Die ersten Wochen auf dem Internat waren ein Abschätzen, ein Einschätzen, um die Rangordnung festzulegen. Aber Sarah war furchtlos und gut darin, herauszufinden, welche Schwächen und Geheimnisse ihre Mitmenschen hatten. Und sie war ohne Mitleid. So kam es, dass sie bereits nach einem Monat gefürchtet und gehasst und damit unberührbar war. Sie baute ihre Vormachtstellung aus, indem sie Informationen über die Schwächen ihrer Mitschüler, ihrer Lehrer und des Personals sammelte und ihre Geheimnisse auskundschaftete und diese Informationen dann hütete, bis sie ein Druckmittel brauchte, um einen Gefallen einzufordern.

Wie in jedem Internat und auf jeder Schule gab es Gruppenbildungen, es gab die Verlierer, die gnadenlos gemobbt wurde, und es gab die Gewinner, die bei allen beliebt waren und zu deren Clique alle gehören wollten. Es gab die Schönen und die Hässlichen, die Reichen und die Armen, oder wie im Falle des Internats, das Sarah besuchte, die Reichen und die Superreichen. Sarah gehörte zu den Schönen, den Superreichen und den Gefürchteten. Aber sie schloss sich keiner Gruppe an, sondern kultivierte ihren Status als Einzelgängerin. Sie wartete auf eine Gelegenheit. Eine Gelegenheit, sich einer ganz besonderen Clique anzuschließen, die es hier im Internat gab. Zu dieser Gruppe gehörten einige Schüler der obersten Klassen, die ein dunkles Geheimnis verband. Sarah war sich dessen ganz sicher, und obwohl sie ein ausgezeichneter Spion war, rannte sie bei dieser Gruppe gegen die Wand. Ihr war es nicht gelungen, auch nur die geringsten Informationen über das herauszufinden, was die Mitglieder dieser Gruppe verband. Und der Zusammenhalt der Gruppe war ungemein stark, innerhalb der Gruppe schienen alle gleichberechtigt zu sein, es gab kein schwaches Glied in der Kette. Und sie strahlten eine Sicherheit aus, eine Überheblichkeit, die nur auf der felsenfesten Überzeugung beruhen konnte, besser als die anderen zu sein. Etwas zu besitzen, was die anderen sich nicht einmal in ihren Träumen vorstellen konnten. Was auch immer es war, Sarah wollte es auch. Sie wollte auch Teil dieser Gruppe sein und Teil von dem, was dieses unlösbare Band zwischen den Mitgliedern der Gruppe schmiedete. Je länger Sarah die Gruppe beobachtete, desto mehr kam sie ihr vor wie ein Geheimbund. Ein Geheimbund, den nicht nur ein dunkles Geheimnis verband, sondern der Macht ausstrahlte. Macht war etwas, das Sarah auf den ersten Blick erkannte, da es ihr ganzes Leben bestimmt und ihrer Mutter das Leben gekostet hatte. Und sie wollte diese Macht, sehnte sich mit jeder Faser ihres Seins danach. Sie brauchte diese Macht, sie brauchte etwas, das stärker und größer und wahnsinniger war als ihr Vater. Nur so würde es ihr gelingen, ihre Mutter zu rächen. Aber die Clique schien nicht an neuen Mitgliedern interessiert zu sein. Sie schien an überhaupt nichts interessiert zu sein, was um sie herum vor sich ging. Sie waren fleißig, folgsam und unauffällig. Und dennoch waren alle Blicke auf sie gerichtet, wenn sie den Raum betraten. Sie wurden nie von den Lehrern schikaniert, im Gegenteil, alle Lehrer behandelten sie mit Wohlwollen, wenn nicht sogar mit Nachsicht. Sie bekamen das beste Essen, die leichtesten Hausaufgaben, die einfachsten Fragen in den mündlichen Prüfungen, und wenn sie einen Wunsch äußerten, was selten vorkam, bemühten sich alle, ihn sofort zu erfüllen. Und das alles anscheinend ohne jedes Druckmittel. Ohne jede Erpressung. Ohne jede Androhung von Gewalt. Das war ein völlig neuer Level der Macht, den Sarah so bisher noch nie gesehen oder erlebt hatte. Alles, was sie kannte, war Macht, die auf unterschwelliger oder offensichtlicher Angst beruhte, auf dem instinktiven Erkennen oder Erahnen einer Gefahr. Oder auf der anderen Seite Macht, die auf Charisma beruhte, auf dieser Ausstrahlung, die einigen wenigen Menschen angeboren zu sein schien, Menschen, die heller strahlten als andere und deshalb ihre Mitmenschen anzogen wie das Licht die Motten. Aber die Clique gehörte weder der einen Kategorie an, noch der anderen. Sarah hatte noch nie gesehen, dass die Mitglieder der Clique jemanden schlecht behandelten oder bedrohten oder mobbten. Sie hatte aber auch noch nie gesehen, dass sie freundlich zu irgendjemandem waren. Auch untereinander zeigten sie nicht dieses typischen Schülerverhalten, das Austauschen von Gossip, das Kichern der Mädchen, das angeberische Verhalten der Jungs. Stattdessen saßen oder standen sie zusammen und sagten entweder überhaupt nichts oder unterhielten sich mit gedämpfter Stimme und ernstem Gesichtsausdruck. Und obwohl die Clique gemischt und alle Mitglieder äußerst attraktiv waren, konnte Sarah auch keine Pärchenbildung erkennen. Kein Händchenhalten, keine verstohlenen Blicke, nichts. Rein gar nichts. Je länger Sarah die Clique beobachtete, desto unheimlicher wurde sie ihr. Und desto stärker wurde sie von ihr angezogen. Was immer es war, das diese Gruppe verband, sie wollte es auch, sie wollte auch dazugehören.

Nach einigen Monaten auf dem Internat fasste Sarah einen Entschluss. Weihnachten rückte näher und damit die unausweichliche Konfrontation mit ihrem Vater. Weihnachten musste sie nach Hause, es ging kein Weg daran vorbei. Ihr Vater legte großen Wert darauf, sich auf den verschiedensten Charity-Veranstaltungen vor Weihnachten als trauernder Witwer in der Begleitung seiner schönen Tochter zu zeigen, was Sarah zumindest vor sichtbaren Blessuren schützte, aber sie wusste aus eigener Erfahrung, wie erfinderisch ihr Vater war, wenn es um Bestrafungen ging. Und ihr gefiel nicht, dass er sie nachts im Schlaf beobachtete. Das gefiel ihr überhaupt nicht.

Also forderte sie alle Gefallen ein, die andere ihr noch schuldeten, und nutzte alle Druckmittel aus, die sie im Laufe der Monate angesammelt hatte. Und jetzt stand sie hier, mitten in der Nacht in eisiger Kälte hinter ein paar Bäumen, von wo aus sie einen freien Blick auf den Eingangsbereich einer Burgruine hatte. Im Licht des Vollmonds waren der halb verfallene Torbogen und die Überreste der einst imposanten Mauer vom Bollwerk des Turms klar und deutlich zu erkennen. Sarah verharrte bewegungslos im Schutz der Bäume. Ihr Atem gefror zu kleinen Silberwolken, während sie darauf wartete, dass sich die Mitglieder der geheimnisvollen Clique hier einfanden. Alles, was ihre monatelangen Nachforschungen zu Tage gefördert hatten, war diese eine Information gewesen. Dass die Clique hier gesehen worden war. Und Sarah hatte herausgefunden, dass die Clique bei Vollmond nachts nicht in ihren Betten lag. Das war schwierig und unglaublich mühevoll gewesen, aber jetzt war sie hier und hoffte, endlich hinter das Geheimnis der rätselhaften Aura der Macht zu kommen, das die Clique umgab.

Und da waren sie auch schon. Einer nach dem anderen traf ein und betrat ohne zu zögern und ohne auf die anderen zu warten die Burgruine. Als Mark eintraf, der letzte der Gruppe, folgt ihm Sarah leise und vorsichtig. Überrascht musste Sarah feststellen, dass es nicht hinunter in die Überreste der Kellergewölbe ging, sondern hinauf auf den letzten, noch stehenden Wachturm der Burg. Das gefiel ihr nicht, weil sie Mark auf der Wendeltreppe nicht im Auge behalten konnte, ohne selbst entdeckt zu werden, und weil es oben auf dem Turm vermutlich keine guten Versteckmöglichkeiten für sie gab, aber das war ihre einzige Chance, der Sache auf den Grund zu gehen, und sie konnte und wollte jetzt nicht einfach so aufgeben. Also wartete sie ungefähr fünf Minuten, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen, bevor sie vorsichtig die Treppe hochschlich. Als sie das Ende der Treppe erreichte, das vom Mondlicht erhellt wurde, verharrte sie mit angehaltenem Atem und lauschte. Sie konnte das Flackern von Feuer sehen, vermutlich Fackeln. Alles, was sie hörte, war ein leiser eindringlicher Singsang in einer Sprache, die sie nicht kannte. Ihre Nackenhaare sträubten sich und ihr Herz schlug bis zum Hals. Sie stellte überrascht fest, dass sie zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Mutter wieder Angst verspürte. Es war dieser seltsame Gesang, der ihr Angst machte. Sie holte zittrig Atem und versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen.

Auf einmal fiel ein Schatten auf sie.

„Willkommen, Sarah. Wir haben dich erwartet.“

Mark stand vor ihr uns sah sie unverwandt an. Es war das erste Mal überhaupt seit sie im Internat war, dass er das Wort an sie richtete. Sarahs Herz setzte aus, aber dann gewann sie ihre Fassung wieder. Sie hatte schließlich jahrelange Übung darin, alle Gefühlsregungen zu verbergen.

„Hallo Mark“, sagte sie deshalb mit einer Gelassenheit, die sie selbst überraschte und betrat die vom Fackelschein erhellte Turmstube selbstsicher und ohne Eile.

Sie hätte sich denken können, dass ihr die wenigen Informationen, die sie über die Clique hatte, von der Clique selbst zugespielt worden waren. Das war eigentlich von Anfang an offensichtlich gewesen, hatte sie doch monatelang nichts, aber auch überhaupt nichts herausfinden können.

„Danke für die Einladung“, sagte sie deshalb mit fester Stimme und sah sich um. Ihre Angst war fort, wieder dahin verschwunden, wo sie sich seit Jahren versteckte, und echter Neugier gewichen.

Die elf anderen Mitglieder der Gruppe standen im Kreis. Jeder von ihnen hielt eine Fackel in den Händen. Sonst sahen sie ganz normal aus. Keine Kutten mit Kapuzen, keine geheimnisvolle Gesichtsbemalung, nichts. Trotzdem wirkten sie anders. Sie hatten aufgehört zu singen und sahen Sarah unverwandt an. Niemand sprach. Aber die Stille war nicht erdrückend, sie war erwartungsvoll. Sarah trat einen Schritt näher an der Kreis heran um zu sehen, was sich darin befand. Auf den Steinboden war ein verschlungenes, symmetrisches Muster gezeichnet. Das Mondlicht, das durch eine der Fensteröffnungen in die Turmstube fiel, hatte das Zentrum des Musters fast erreicht. In dem Augenblick, in dem sich Sarah fragte, was wohl passieren würde, wenn es das Mondlicht das Zentrum des rätselhaften Symbols am Boden erleuchtete, stellte Mark einen Rahmen in die Fensteröffnung, der Bleiglas in verschiedenen Rot- und Orangetönen enthielt. Das Muster im Bleiglas war das gleiche wie das des Symbols am Boden, und bevor Sarah wusste, wie ihr geschah, gab ihr Mark einen sanften Schubs, sodass sie einen weiteren Schritt nach vorne machte. Sobald sie sich im Kreis befand, schloss Mark den Kreis und alle zwölf begannen wieder mit dem Singsang.

„Du bist die Nummer dreizehn. Wir haben dich erwartet. Wehre dich nicht gegen das, was jetzt passiert.“

Sarah sah ihn überrascht an, aber er hatte seine Fackel erhoben und war in den Gesang eingefallen, der sich zu ungewohnten Harmonien aufschwang, bei denen Sarah das Blut in den Adern gefror. Sie wollte den Kreis verlassen und davonlaufen. Sie wollte nicht wissen, was die Clique hier machte. Sie hatte jedes Verlangen verloren, Teil dieser Gruppe zu werden. Aber sie konnte sich nicht bewegen, der Gesang umgab sie wie dicke Seile, legte sich Schlinge um Schlinge um ihren Körper, bis sie nur noch den Kopf bewegen konnte. Hektisch blickte sie sich um, wollte um Hilfe rufen, wollte sie bitten, damit aufzuhören, was auch immer sie da taten, aber ihre Stimme war wie gelähmt und kein Laut kam über ihre Lippen. Alle zwölf Mitglieder der Clique hielten den Blick starr auf das Symbol am Boden gerichtet, dem sich das Symbol aus blutrotem Mondlicht unaufhaltsam näherte. Plötzlich trat Mark einen Schritt vor und stach Sarah mit einem Messer ins Bein, das einen antiken, mit Ornamenten verzierten Griff hatte. Vor Schmerzen wurde Sarah schwindelig, sie wollte aufschreiben, aber ihr Schrei blieb stumm. Mark trat zurück in den Kreis, erhob die Stimme über den Singsang und begann in einer unbekannten Sprache zu rezitieren. Seine Worte wurden von Claudia aufgegriffen, die neben ihm stand, und gingen dann im Kreis herum. Auch ohne die Bedeutung der Worte zu kennen, hatte Sarah keine Zweifel daran, dass es sich um eine Beschwörung handelte. Blut sprudelte aus Sarahs Bein und mit grausiger Faszination sah sie, wie es die Vertiefungen und Rinnen des Symbols am Boden füllte. Sie konnte spüren, wie sich der Gesang und die Worte der Beschwörung zu etwas verwebten, das irgendwie dem Symbol auf dem Boden und auf der Buntglasscheibe entsprach. Und tatsächlich, Gesang und Beschwörung endeten in exakt dem Moment, in dem sich das Muster aus Mondlicht über das Symbol am Boden schob. Einen Augenblick lang verharrten alle und alles in absoluter Bewegungslosigkeit und gerade, als in Sarah ein winziger Hoffnungsschimmer aufkeimte, dass das alles nur Hokuspokus und irrsinniger Aberglaube einiger Schüler gewesen war, gab es einen ohrenbetäubenden Knall, gefolgt von einer Explosion, von der alle zwölf Mitglieder der Clique brutal von den Füßen gerissen und durch den Raum geschleudert wurden. Nur Sarah blieb stehen, sie konnte sich nach wie vor nicht bewegen, als ob der Gesang einen Kokon um sie gesponnen hätte, etwas, das sie wie eine Blase umgab. Zwar hörte sie die Entsetzensschreie der Schüler und sah sie am Boden aufschlagen, aber sie selbst blieb von der Druckwelle der Explosion verschont. Dann öffnete sich ein Tor aus gleißendem Licht, das alle zwölf Schüler erfasste, die in hellen Flammen aufloderten, während ihre schrillen Schreie nach und nach vom Feuer erstickt wurden. Die Flammen umtosten Sarah, loderten heiß und hell, aber sie spürte weder die versengende Hitze noch den erstickenden Rauch. Dann erlosch das Feuer schlagartig und im Tor erschienen die Umrisse einer Gestalt. Im gleißenden Licht des Tors konnte Sarah nur einen Schatten erkennen, einen Schatten, der definitiv nicht menschlich war. Er war zu groß und die Proportionen stimmten irgendwie nicht.

Sarah wünschte sich, sie hätte eine Stimme, um ihr Entsetzen herauszuschreien, aber sie blieb stumm.

Hände, die in langen, feingliedrigen Fingern endeten, lösten sich aus dem gleißenden Licht und umklammerten den Rahmen des Tores, krallten sich darin fest. Über den Fingerknochen spannte sich eine Haut so glänzend und schwarz wie Pech. Langsam begann sich ein Gesicht im Licht des Tors abzuzeichnen, einem seltsam verzerrtem Relief gleich, das gegen die Membran aus Licht zu drücken schien, die sich über das Tor spannte. Die Membran spannte sich und spannte sich, wurde immer dünner und ließ die Gesichtszüge des Wesens nach und nach immer deutlicher hervortreten.

Sarahs Herzschlag setzte vor abgrundtiefem Entsetzen aus, während sie ihren Blick nicht von dem Wesen abwenden konnte, das sich so offensichtlich den Zugang in ihre Welt erzwingen wollte.

Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.

Das Wesen durchbrach die Membran aus Licht, die mit einem ekelerregenden, nassen Geräusch riss.

Das ist die Fratze des Teufels, dachte Sarah, als sie sein Gesicht erblickte, und schloss die Augen in der Überzeugung, dass sie jetzt sterben würde, wenn nicht vor Angst und Entsetzen, dann durch die Hand des gehörnten Teufelswesens, das gerade ihre Welt betrat.

Die Membran schloss sich wieder mit einem schmatzenden Laut und hüllte das Wesen ein, das zu Boden stürzte, wo es von lodernden Flammen erfasst wurde.

Das Tor aus Licht war schlagartig verschwunden.

Sarah stürzte zu Boden.

Und das Teufelsding oder seine Essenz oder das, was noch von ihm übrig war, oder wie auch immer man es nennen wollte, katapultierte sich in Sarahs Kopf, in ihre Seele, ihr Ich, ihr Sein, ihr Wesen.

Stunden später wachte Sarah auf. Sie lag zusammengekauert auf dem Boden im Turmzimmer und wusste nicht, ob sie nur bewusstlos oder tot gewesen war. Dieses Ding oder was von ihm übrig geblieben war hatte sich wie ätzende Säure in sie hineingefressen, in ihre Seele gebrannt. Sie konnte es spüren, seine Fremdartigkeit, seine Essenz.

Sie setzte sich vorsichtig auf und atmete tief durch. Seltsamer Weise überkam sie keine Panik. Dieses Ding in ihr drin hatte zweifellos Macht, auch wenn es verletzt und verkrüppelt war. Und sie und dieses Ding würden lernen, miteinander zurecht zu kommen. Noch verstand sie es in seiner Fremdartigkeit nicht, aber das würde sie. Denn ihr Hass, den sie auf ihren Vater verspürte, dieses für sie lebensbestimmende Gefühl, erzeugte eine verdrehte, verschobene, abartige Syntonie mit den Überresten des Wesens, die mit ihrer Seele verschmolzen waren.

Als ob das Ding ihre Gedanken gespürt hätte, strahlte es so etwas wie Zustimmung aus.

Sarah stand auf und sah sich um, betrachtete gedankenverloren die verkohlten Leichen der zwölf Schüler und seufzte dann. Schmerzen tobten durch ihren Körper, aber Sarah war es so sehr gewohnt, Schmerzen zu ertragen, dass sie sie fast schon nicht mehr spürte. Sie improvisierte mit ihrem Halstuch einen Verband um die Stichwunde am Bein, die noch immer blutete, aber anscheinend war keine Schlagader verletzt, sonst wäre sie schon längst verblutet. Dann schleppte sie das Gerümpel, das in der Turmstube herumstand, in die Mitte, häufte es auf dem blutigen Symbol am Boden an, zerschmetterte das Buntglas und warf die Splitter auf den Gerümpelhaufen.

Mit einem leichten Hinken ging sie zur Treppe, wo sie sich noch einmal kurz umdrehte, um die Szene zu betrachten. Sie hatte sich das zwar alles anders vorgestellt, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Sie hatte das bekommen, was sie sich gewünscht hatte, wonach sie sich gesehnt hatte, das war alles, was zählte.

Ein anständiges Feuer wäre jetzt nicht schlecht, dachte sie und als helle Flammen aus dem Gerümpelhaufen loderten, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken.

Das Ding in ihrer Seele bewegte sich und jede Bewegung schmerzte. Aber das war Sarah egal. Es gehörte jetzt ihr und würde ihr dabei helfen, ihre Mutter zur rächen.

Am nächsten Tag war das ganze Internat in Aufruhr. Die Polizei war da und untersuchte die Zimmer der zwölf Schüler, die bei dem Brand in der Burgruine ums Leben gekommen waren. Es stellte sich heraus, dass sie einen Zirkel der schwarzen Magie gebildet hatten und anscheinend regelmäßig Beschwörungen durchführten, auch wenn keiner wusste, was sie heraufzubeschwören versuchten, denn die wenigen Beweise, die gefunden wurden, waren nicht mehr als unverständliches Gekritzel auf Papier.

Der Medienrummel war enorm, da es sich um Kinder reicher und berühmter Eltern handelte, und die Internatsleitung beschloss, das Internat eine Woche früher als vorgesehen für Weihnachten zu schließen in der Hoffnung, dass sich die Wogen glätteten, bis die Schüler zurückkehrten.

Sarah war das nur recht. Sie wusste, dass sie nicht zurückkehren würde. Ab jetzt würde sie bestimmen, was in ihrem Leben passierte.

Als ihr Vater sie am nächsten Tag abholen kam, schenkte sie ihm zur Begrüßung ein breites Lächeln und umarmte ihn.

Er sah sie entsetzt und verwirrt an.

„Schön dich zu sehen, Papa“, sagte sie, während sie mit steigender Belustigung seinen verwirrten Gesichtsausdruck betrachtete, und stieg ein.

Das würde ein tolles Weihnachten werden.

Und tatsächlich, als sie in der Nacht das Zimmer ihres Vaters betrat und seine Entsetzensschreie den Raum erfüllten, als er ihre blutroten, glutroten Augen erblickte, wusste Sarah, dass es nicht nur ein tolles Weihnachten werden würde, sondern ein tolles Leben.

 

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Über mich

Ich liebe es, neue Welten zu erschaffen, und hoffe, ihr hab genau so viel Freude daran, meine Bücher zu lesen, wie es mir Freude bereitet hat, sie zu schreiben.

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